Um bestäubende Insekten mit Blühflächen zu fördern, braucht es ein artenreiches Blühangebot mit Pflanzen aus möglichst vielen Familien: Je artenreicher desto besser. Nur so können auch die Nahrungsspezialisten versorgt werden. Im Agrarumweltprogramm gibt es ab 2023 Förderungen für die Verwendung solcher „Biodiversitäts-Saatgutmischungen“. Konkret bietet ÖPUL 2023 einen Zuschlag für die Ansaat von Mischungen mit mindestens 30 unterschiedlichen heimischen Wildpflanzenarten. Achtung, um die Förderung schon für 2023 bekommen zu können, muss die Maßnahme UBB oder "Biologische Wirtschaftsweise" beantragt sein und die Flächen müssen spätestens am 15. Mai angelegt sein.
Warum artenreiche heimische Blühvielfalt so wichtig ist und worauf dabei zu achten ist, darüber informiert Bernhard Krautzer von der HBFLA Raumberg-Gumpenstein.
Einleitung
Überall in Europa geht der Anteil des Extensivgrünlandes kontinuierlich zurück. Dabei weisen extensive, ein- bis zweischnittige Grünlandflächen höchste floristische Biodiversität auf und gehören zu den ökologisch wertvollsten Flächen unserer Kulturlandschaft. Hand in Hand mit dem Rückgang ihres Lebensraums werden auch Schmetterlinge, Wildbienen, Heuschrecken und andere Insekten immer seltener. Dies wiederum wirkt sich direkt auf unsere Singvogelbestände und Niederwildpopulationen aus, die ebenfalls starke Rückgänge verzeichnen. Auch auf Acker stellen Biodiversitätsflächen mit ihrem Blütenangebot wichtige Lebens-, Nahrungs- und Rückzugsräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten der Agrarlandschaft dar. Optimalerweise liegen Biodiversitätsflächen verteilt in der Landschaft und sind untereinander vernetzt (z. B. durch Hecken und Raine), wodurch wertvolle Trittsteinbiotope geschaffen und die die Wanderung von Arten ermöglicht wird.
Extensiven Blühflächen erfüllen zusätzlich auch wichtige Ökosystemfunktionen. Sie fördern viele Arten, die auch für uns Menschen wichtige Funktionen ausüben, sei es als Blütenbestäuber, oder als räuberisches Insekt, welches hilft, kulturschädigende Arten wie Blattläuse zu reduzieren und damit den Aufwand für Pflanzenschutz zu reduzieren. Nachstehend ist kurz zusammengefasst, welchen Kriterien neu angelegte Blühflächen entsprechen sollen und wie man blühende Randstreifen aus regionalem Wildpflanzensaatgut wieder in der Kulturlandschaft etablieren kann.
Heimisches Wildpflanzensaatgut – was ist das?
Gräser, Kräuter und Kleepflanzen von extensiv bewirtschafteten heimischen Grünlandflächen bezeichnet man als heimische Wildpflanzen. Wenn man Saatgut dieser Pflanzen erntet, erhält man Wildpflanzensaatgut und führt dieses einer landwirtschaftlichen Vermehrung zu. Der besondere Wert von solchem Wildpflanzensaatgut basiert dann vor allem auf seiner regionalen Herkunft von geeigneten Spenderflächen bzw. seiner genetischen Integrität in Bezug auf den Naturraum, in dem die Art wieder ausgebracht wird.
Heimisches Wildpflanzensaatgut ist sehr aufwendig in der Gewinnung und Produktion und daher entsprechend teuer. Einige der in solchen Mischungen enthaltenen Arten wie beispielsweise die Margerite oder die Schafgarbe gibt es aber auch als deutlich billigeres Handelssaatgut aus Neuseeland oder Frankreich. Genetisch sind diese Materialien aber nicht für unsere Naturräume geeignet und deren Verwendung ist daher nicht gestattet.
Biodiversitäts-Saatgutmischungen und deren Zielsetzungen
Biodiversitätsmischungen aus heimischen Wildpflanzen bestehen aus bis zu 50 unterschiedlichen Arten des Extensivgrünlandes. Sie werden nach den folgenden Vorgaben zusammengesetzt:
Regionale Acker- und Grünland- Saatgutmischungen im ÖPUL 2023
Im Rahmen der „Umweltgerechten und biodiversitätsfördernden Bewirtschaftung“ (UBB, Code DIVRS) im ÖPUL 2023 sind geeignete Arten für Saatgutmischungen zur Begrünung von Acker- und Grünlandrandstreifen aufgelistet und genau definiert (siehe Link unten: Liste der autochthonen Pflanzenarten im UBB, S 31 ff). Darauf aufbauende Saatgutmischungen umfassen mindestens 30 standörtlich passende Arten aus zumindest sieben unterschiedlichen Familien von heimischen Blütenpflanzen. Nur zertifiziertes Saatgut darf bei Neueinsaaten mit regionalen Acker- und Grünlandmischungen im ÖPUL 2023 verwendet werden. Die Saatgutmenge und Zusammensetzung ist durch Saatgutetiketten und Bezugsrechnungen zu dokumentieren! Die Mahd dieser Flächen findet mindestens einmal jährlich (frühestens am 15. Juli) bzw. maximal zweimal pro Jahr mit Verbringung des Mähgutes statt. Mulchen ist nicht zulässig, mit Ausnahme eines Reinigungsschnittes im Anlagejahr.
Geeignete Flächen für die Anlage von Biodiversitätsmischungen
Prinzipiell ist zu beachten, dass nicht jede Fläche für die Anlage einer Biodiversitätsmischung geeignet ist. Die darin enthaltenen Arten sind empfindlich gegen Halbschatten und vertragen auch keine feuchten bis nassen Standorte. Streifen entlang von Waldrändern und verdichtete bzw. staunasse Bereiche sollen daher unbedingt ausgespart werden. Auch auf Flächen mit extremen Nährstoffgehalten (z.B. ehemalige Mistlager) können sich heimische Wildpflanzen nicht entwickeln. Zu vermeiden sind jedenfalls auch Standorte, die sehr stark mit Wurzelunkräutern oder hohem Samenpotential von sehr konkurrenzstarken unerwünschten Arten kontaminiert sind. Vorsicht auch auf Flächen mit hohem Kamillendruck bzw. bei Frühjahrsanlage auf Flächen mit starkem Druck von Sommerannuellen, vor allem verschiedenen Hirsearten. Auf Ackerflächen zeigen sich auf dem Vorgewende meist schlechte Etablierungsergebnisse (hoher Unkrautdruck, Verdichtung).
Anlagezeitpunkt
Frühjahrsansaaten sind bei frühen Anlageterminen von Anfang bis Mitte April noch spätfrostgefährdet. Bei späteren Anlageterminen bis Mitte Mai besteht wiederum die Gefahr einer mangelnden Wasserversorgung, besonders nach den in den letzten Jahren häufiger gewordenen Trockenperioden um April bis Mitte Mai. Dazu kommt, dass sommerannuelle Unkräuter deutlich schneller auflaufen und die Ansaat sehr stark konkurrieren (Wasser, Licht, Standraum). Bei entsprechendem Unkrautspektrum und dem Zuwachs hoher Biomassemengen wird bei Frühjahrsansaaten manchmal ein zusätzlicher Reinigungsschnitt im Frühsommer notwendig. Ein solcher Reinigungsschnitt ist nach ÖPUL 2023 im 1. Jahr erlaubt und darf auch mit dem Mulchgerät ausgeführt werden (Schnitthöhe nicht unter 7cm).
Förderhinweis: Um die Förderung für artenreiche regionale Saatgutmischungen für das Kalenderjahr zu erhalten, muss die Anlage bis 15. Mai erfolgen.
Spätsommeransaaten, je nach Klimagebiet zwischen dem dritten Augustdrittel und dem ersten Septemberdrittel ausgeführt, funktionieren im Regelfall sehr gut. Einerseits werden die Witterungsbedingungen gegen den Herbst hin zunehmend feuchter, andererseits laufen im Spätsommer deutlich weniger Unkräuter auf. Die sommerannuellen darunter frosten im Spätherbst ab. Die winterannuellen bleiben in der Herbstentwicklung zurückhaltend und üben wenig Konkurrenzdruck aus. Die Temperaturen sinken, die Nächte werden zunehmend taufeucht, wodurch die Wasserversorgung der Ansaat deutlich verbessert wird, die Keimlinge können sich bis in den Spätherbst hinein gut entwickeln. Im darauffolgenden Frühjahr steht noch ausreichend Winterfeuchte zur Verfügung. Selbst bei einer im darauffolgenden Frühjahr stärkeren Entwicklung der winterannuellen Unkräuter können die Jungpflanzen der Ansaat gut standhalten. Ein Reinigungsschnitt ist daher im Regelfall nicht notwendig. Viele Arten der Spätsommeransaat sind im Folgejahr so gut entwickelt, dass ein guter Teil davon bereits im ersten Frühjahr bis Frühsommer zur Blüte gelangt.
Förderhinweis: Erfolgt die Ansaat im Herbst, ist die Fläche erst im folgenden Jahr förderfähig.
Anlagetechnik
Die passende Anlagetechnik ist ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Etablierung solcher kleinkörnigen Saatgutmischungen. Voraussetzung ist eine rechtzeitige Bodenvorbereitung mit dem Ergebnis eines gut abgesetzten, möglichst feinkrümeligen Saatbetts. Im Grünland hat sich dafür der zumindest zweimalige Einsatz einer Kreiselegge und ein intensives Aufarbeiten des Altbestandes (ähnlich einer Sanierung nach Engerlingbefall) sehr gut bewährt. Alternativ bietet der Einsatz einer Rotorumkehregge bei passenden Verhältnissen in einem Arbeitsgang ein ansprechendes Saatbett. Die Bodenvorbereitung auf Ackerflächen erfolgt im gewohnten Rahmen.
Die Ablage des Saatgutes erfolgt oberflächlich, maximal 0,5 cm tief. Ein fein dosierbarer Säkasten (am besten auf einem gängigen Übersaatgerät) sorgt für eine gleichmäßige Verteilung des Saatgutes. Bei Nichtverfügbarkeit eines Übersaatgerätes hilft oft ein Aushängen der Säleiter bei gängigen Drillsaatgeräten. Die Aussaatmenge regionaler Acker- und Grünlandmischungen ist im ÖPUL 2023 mit mindestens 2g/m² vorgegeben. Das Saatgut muss vor dem Einmischen in den Säkasten gut vermischt werden. Eine Abdrehprobe zur exakten Dosierung der Saatmenge ist unerlässlich. Ganz wichtig ist im Anschluss eine ausreichende Rückverdichtung durch eine passende Profilwalze (Prismenwalze, „Güttlerwalze“). Dadurch wird das Saatgut leicht in den Boden eingedrückt und ein ausreichender Kapillarschluss zur Wasserversorgung der Keimlinge, der vor allem in trockeneren Perioden von großer Bedeutung für eine gelungene Ansaat ist, erreicht. Im Bedarfsfall ist ein Übersaatgerät in Kombination mit einer Prismenwalze in den meisten Regionen auch über die Maschinenringe verfügbar.
Pflege
Für eine erfolgreiche und dauerhafte Etablierung solcher artenreichen Blühstreifen im Grünland sind nur wenige Pflegemaßnahmen zu beachten.
Bei Herbstanlage: Winterannuelle (Ehrenpreisarten, diverse Kreuzblütler, Taubnessel, Kamillen) und ausdauernde (Ackerkratzdistel, Quecke) Ackerkräuter können im zeitigen Frühjahr des ersten Vegetationsjahres auch durchaus konkurrenzstark in Erscheinung treten. In Folge, meist schon ab Mai, treten sie aber in den Hintergrund und sind nach dem ersten Schnitt (laut Vorgabe ÖPUL 2023 frühestens am 15. Juli) weitestgehend verschwunden. Auch die ausdauernden Unkräuter verschwinden, bedingt durch den ein- bis zweimaligen Schnitt, relativ schnell aus den Flächen. Nur die ausdauernden Arten der Saatgutmischung verbleiben in Folge am Standort und bereits im Spätsommer des ersten Vegetationsjahres ist im Regelfall ein breites Spektrum an blühenden Pflanzen zu beobachten. Da der Boden über die nächsten Standjahre nicht mehr bearbeitet oder geöffnet wird, kann man davon ausgehen, dass die Bestände in Folge weitgehend frei von Ackerkräutern bleiben, es etabliert sich eine extensive, reichblühende, weitgehend gräserfreie Grünlandgesellschaft.
Nach dem ersten Schnitt entwickelt sich in den Spätsommer hinein ein zweiter, ebenfalls noch reichlich blühender, meist biomassearmer Folgeaufwuchs. Dieser bietet Bienen und blütenbestäubenden Insekten mit später Entwicklung eine wertvolle Nahrungsquelle. Wenn im zweiten Aufwuchs ausreichend Biomasse zuwächst, folgt Mitte bis Ende September ein weiterer Schnitt mit Abfuhr des Schnittgutes. Bei trockenen Verhältnissen und wenig Biomassezuwachs kann dieser Schnitt auch fallweise unterbleiben, ohne merkbare Veränderung des Pflanzenbestandes. Bei mehrjähriger Nutzung und Abfuhr des Schnittmateriales hagert die Fläche nach und nach aus und die aufwachsende Biomasse wird zusehends weniger.
Biodiversitätsflächen auf Acker, die mit artenreichen regionalen Acker-Saatgutmischungen angelegt wurden, müssen mindestens einmal und dürfen maximal zweimal pro Jahr gemäht werden. Damit sich die Bestände optimal entwickeln ist es wichtig, dass das Mähgut von den Flächen abtransportiert wird. Grundsätzlich gilt, dass 75 % aller betrieblichen Acker-Biodiversitätsflächen frühestens am 01.08. gemäht werden dürfen. Bei der Ansaat von Acker-Biodiversitätsflächen mit regionaler Acker-Saatgutmischung ist ein Reinigungsschnitt im 1. Antragsjahr auch vor dem 01.08. zulässig, ohne dass dies zu den 25% vor dem 01.08. gemähten Flächen dazuzählt. Werden z. B. am Betrieb 10 ha Acker-Biodiversitätsflächen angelegt, so dürfen 2,5 ha vor dem 01.08. gemäht werden, dies können auch die Biodiversitätsflächen mit regionaler Acker-Saatgutmischung sein. Es wird jedoch empfohlen so spät zu mähen, dass ein Aussamen der Blühpflanzen möglich ist.
Zusammenfassung
In den vergangenen sieben Jahren wurden im Rahmen verschiedener Projekte der HBLFA Raumberg-Gumpenstein mehr als vierzig Biodiversitätsflächen aus heimischem Wildpflanzensaatgut angelegt. Auf fast allen eingesäten Versuchsflächen der unterschiedlichen Projekte (z.B. „REGRASS“, „Blattlaus“ und „ÖPUL 23“) konnte praktisch das gesamte in der Saatgutmischung enthaltene Artenspektrum etabliert werden. Anlagetechnik und Anlagezeitpunkt spielen dabei für den Etablierungserfolg eine wesentliche Rolle. Bei Frühjahrsanlagen besteht die Gefahr, dass Trockenheit und sommerannuelle Unkräuter den Anlageerfolg schmälern. Bei Einhaltung des beschriebenen Pflegemanagements und Vermeidung ungeeigneter Standorte kann man aber davon ausgehen, dass solche Blühflächen gelingen und in Folge über mehrere Jahre stabil in ihrer botanischen Zusammensetzung bleiben. Die Biomasseproduktion nimmt mit den Jahren ab, eine Aushagerung der Flächen ist zu beobachten, was für eher konkurrenzschwache Arten im Bestand sehr vorteilhaft ist. Der Gräseranteil (Ackermischungen sind frei von Gräsern, Grünlandmischungen dürfen bis zu 25 % konkurrenzschwache Arten laut Positivliste enthalten) pendelt sich auf sehr niedrigem Niveau ein.
Das Pflegemanagement hat einen signifikanten Einfluss auf die Artenzusammensetzung. Schnitt und Abfuhr der Biomasse sind für eine dauerhafte Etablierung der gewünschten Vegetation unerlässlich und daher für die Maßnahme DIVRS im ÖPUL 23 vorgeschrieben.
In Summe aller zur Verfügung stehenden Versuchsergebnisse kann man davon ausgehen, dass sich ein aus einer geeigneten regionalen Saatgutmischung entstandener Pflanzenbestand bei entsprechender Pflege ausdauernd, artenreich und stabil in seiner Zusammensetzung entwickelt.
Dr. Bernhard Krautzer, HBLFA Raumberg-Gumpenstein, Raumberg 38, A-8952 Irdning, bernhard.krautzer[at]raumberg-gumpenstein.at
ÖPUL 2023: Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung https://www.ama.at/getattachment/3a7e8e0e-0dbf-4bdc-8ae9-e29c261c05bb/O6_1A_Umweltgerechte_und_biodiversitaetsfoerdernde_Bewirtschaftung_(UBB)_2022_12.pdf
Bei den Maßnahmen "Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung" (UBB) und "Biologische Wirtschaftsweise" (Bio) gibt es optionale Prämienzuschläge, die jährlich flächenbezogen beantragt werden können. Die inhaltlichen Anforderungen dieser Zuschläge und Optionen sind bei den Maßnahmen UBB und Bio ident. Folgende Zuschläge werden zusätzlich zur Basismodulprämie von UBB (70 Euro) und Bio (205 Euro) gewährt: